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Kommentar von Florian Brich: Eine Achterbahnfahrt in HTML5

HTML5-Minispiele sind ein vieldiskutiertes Thema. Wie tickt dieser Markt? Für wen lohnt sich der Einstieg? Florian Brich von der NeoBird GmbH und Co. KG gewährt in diesem exklusiven Kommentar für Newsslash Einblicke aus erster Hand.
Von Viktor am 28.07.2014
Bild-Quelle: NeoBird
Wer im F2P/Mobil-Spielebereich tätig ist, weiß wofür der orangefarbene Schild mit der weißen 5 steht: Spiele, die in HTML5 entwickelt sind, laufen in allen gängigen Web- und Mobilbrowsern. Sie sind damit cross-platform und ohne App-Download sofort verfügbar. Sind Ingame-Transaktionen ins Spiel integriert, kann ohne Gatekeeper-Gebühr monetarisiert werden. Und wenn man den lautesten HTML5-Fürsprechern glauben darf, warten spezielle App-Stores, Spielportale und Markenartikler nur darauf, neue HTML5-Titel einzulisten oder in Auftrag zu geben.

Nachschlag für die Durchlauferhitzer
“Könnt ihr uns fix einen Timberman-Clone basteln?“
Ohne rosarote Brille bietet sich das folgende Bild: Obwohl HTML5-Spiele bei Qualität und Komplexität stetig zulegen, können sie mit nativen Mobil-Großproduktionen auf absehbare Zeit nicht konkurrieren. Stattdessen treten Sie die Nachfolge der Flash-Minispiele an, die seit mehr als einem Jahrzehnt die globalen Spieleportale bevölkern. Und das aus einem nachvollziehbaren Grund: Spieler, die früher über ihren Desktop-PC ins kostenlose Spieleland gereist sind, loggen sich jetzt mit ihrem Smartphone ein. Während die Spielportalbetreiber auf das geänderte Nutzerverhalten reagieren und HTML5-Content suchen, bleiben die alten Deal- und Distributionsstrukturen weitgehend erhalten: HTML5-Spiele werden für kleines Geld oder oder Werbe-Rev-Shares reingeholt und rotieren dann innerhalb weniger Tage von „Aktuell/Top“ auf „Fast unauffindbar“ durch. Die rasant wachsende Zahl neuer HTML5-Entwickler sorgt schon jetzt für dünne Luft. Bezeichnendes Beispiel: Gestern fragt der Portalbetreiber noch „Könnt ihr uns fix einen Timberman-Clone basteln“ und heute heißt es „Nicht mehr nötig - haben wir schon woanders aufgetrieben“.

Das metrics-driven-Deja-vu
Da der gestandene Mobilzocker den Weg über den AppStore nicht scheut, bleiben im HTML5-Netz eher die „Mal reinschauen und gleich irgendwas spielen“-Casual-Spieler hängen. Das ist per se nicht schlecht, verlangt entwicklungsseitig aber ein Eindenken in das Spiel- und Bildverständnis eben dieser Zielgruppen. Für den Betrieb eines Unternehmens sind Indie-Experimente (Meine Welt, mein Spiel) und One-Hit-Wunderproduktionen (Das zischt sicher rein wie Flappy-Bird) nicht kalkulierbar. Ein HTML5-Spiel, das über Self-Publishing funktionieren soll, muss auf einer gesicherten Datenlage basieren: Für welchen Spieltyp in welchem Design ist auf welchen Endgeräten in welchem Kulturraum eine ökologische Nische zu finden?
Wenn am Ende des Datendurchfluges die Nadel auf ein Kätzchen-Puzzle-Spiel mit Three-Star-Gameplay und 1-100 Levelwand zeigt muss zunächst einmal das eigene Team dafür gewonnen werden. Vorabanfragen an Publishing-Partner schaden nie, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Die dortigen Schnittstellen sind vom Tagesgeschäft getrieben und wünschen sich heute dies und morgen das. Wer überzeugend auf eigene Analysen verweisen kann, sichert sich eher einen Listenplatz.

Qualität im Mausefallen-Format
Die Bedürfnisse des Spielers müssen im Vordergrund stehen
Bei Planung und Umsetzung eines HTML5-Spieles müssen die Bedürfnisse des Spielers im Vordergrund stehen. Eine Binsenweisheit, sicher. Doch besteht die Gefahr, dass die Publisher auch schwächeren Content durchjagen und dem Entwickler so das Gefühl geben, dieser reiche schon aus. Die Folgen sind gravierend: Eine schwache Retention und negatives Spielerfeedback lassen den Titel gleich nach hinten durchrutschen.
Gerade weil ein smartes HTML5-Spiel mit einem relativ kleinen Team (2-3 Mitarbeiter) innerhalb kurzer Zeit (2-3 Monate) entwickelt werden kann, sind eine akkurate Planung und ein früher Feature-Freeze unabdingbar. Ferner müssen in der QA-Phase Stabilität und Skalierung auf möglichst vielen Endgeräten getestet werden. Sind dann noch sinnvolle social features wie bspw. eine Highscore-Liste integriert und die Marketing-Materialien zusammengezogen, beginnt der geschäftliche Teil.

Geduldig ins Geschäft
Wie hat man in der Branche noch eine Chance?
Es ist ratsam, sich nur mit einer fertigen Version auf Wanderschaft zu begeben, weil diejenigen, die über gezielte Ansprache oder über Industriebörsen auf das HTML5-Spiel aufmerksam werden, nur ein begrenztes Zeitbudget pro Spiel / Projekt haben. Üblicherweise werden entweder nicht-exklusive Lizenzen verkauft oder revenue-deals bezogen auf die Werbeerlöse vereinbart. „Staubsauger“-Modelle, bei denen ein Partner verspricht, das Spiel in seinem Partner-Netzwerk auszustreuen, sind mit Vorsicht zu genießen. In diesem Fall schneidet man sich nämlich die Gelegenheit ab, selber mit diesen Firmen in Verhandlungen zu treten und die Kontrolle über die Verbreitung des Spieles kann - milde formuliert - beeinträchtigt sein. Wenn man als Entwickler den Wege des Self-Publishing beschreitet, muss man vor allem Geduld mitbringen. Es hagelt Rückfragen und Sonderwünsche, die Verträge sind seitenlang und für ausländische Geschäftspartner müssen ergänzende Formulare wie das Certificate of Residence beigebracht werden. So können vom Erstkontakt bis zur Veröffentlichung gut zwei Monate verstreichen. Und daher sollte auch klar sein: Mit einem einzelnen HTML5-Titel braucht man hier nicht loszulaufen. Nur wenn ein ganze Serie von Spielen veröffentlicht werden soll, macht der zeitintensive Aufbau eines Käufer-/Verteilernetzwerkes Sinn.

Funktionierender Ansatz oder Fuck-Up?
In der Kommentarbitte von Newsslash war auch die Frage „Wie funktioniert der Markt?“ enthalten. Die aktuelle NeoBird Sicht hinsichtlich des Geschäfts mit den Spiel-Portalbetreibern fasst unser Geschäftsführer Martin Schiele mit der Einschätzung „Knirschend“ zusammen. Diese Aussage wird allerdings aus der Perspektive eines mittelständischen Unternehmens und bezogen auf das „Self-Publishing“-Modell getroffen. Denn hier sind der Wettbewerb immens, die Verhandlungszeiten lang und die gezahlten Preise nicht annähernd kostendeckend. Im (Auftrags-)Geschäft bspw. mit Verlagen und Fernsehsendern sieht NeoBird immer noch Potential und wir glauben auch daran, dass HTML5-Spiele bei deren Casual-Zielgruppen für erfreute Spielergesichter sorgen können. Ob cross-platform oder Cloud, ob Indie oder Großkonzern: Auch im Zeichen des HTML5-Schildes bleibt die Qualität der Spiele das entscheidende Kriterium.

Florian Brich ist Director Business Development bei der NeoBird GmbH & Co. KG / www.neobird.de
Tags: Kolumnen, NeoBird, Games
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